Akzeptanz und Neugier

Ein wichtiger Schritt in der Arbeit mit der Alexandertechnik ist, etwas sehen zu können ohne es verändern zu wollen. Hört sich einfach an, ist in der Praxis aber eine grosse Herausforderung!


Es ist menschlich, dass wenn man etwas nicht möchte, dass man es möglichst schnell loswerden will. Veränderung braucht Aktivität, doch vor der Aktivität gibt es noch einen wichtigen Schritt dem oftmals nicht genügend Platz eingeräumt wird. Oftmals begegnen wir dem, dass wir nicht wollen, mit Ablehnung, doch Ablehnung verursacht Widerstand. Kannst du fühlen wie sich Ablehnung in deinem Körper anfühlt? Kannst du die Spannung die aufkommt fühlen? Kannst du erkennen, dass dies bereits eine Aktivität ist?


Unsere innere Haltung beeinflusst unsere Körperhaltung, unser Muskeltonus, unsere Emotionen und unser Nervensystem. Diese Anspannung loszulassen ist ein nicht zu unterschätzender Schritt. Das ist die Akzeptanz dessen was ist. Es hört sich Paradox an, dass die Akzeptanz, das nichts tun der Veränderung hilft und nicht die Ablehnung, die Aktivität. Gewisse Sachen verändern sich tatsächlich nur dadurch dass man ihnen Raum gibt, für anderes ist dann natürlich eine gezielte Handlung nötig. In der Alexandertechnik spricht man auch von einem Non-Doing, das ist nochmals ein grosses Thema, dazu aber in einem späteren Blog mehr. Häufig wird Akzeptanz damit verwechselt etwas gutzuheissen, doch Akzeptanz ist nur das Sehen der Realität wie sie ist, ohne sofort zu werten. Das sein lassen können was ist. Es ist schwierig etwas klar zu sehen oder zu verstehen, wenn man es schon verurteilt hat.


Das Beobachten und das verstehen wollen, das sich darauf einlassen gibt uns notwendige Informationen! Will man etwas sofort weghaben ist man nicht bereit sich darauf einzulassen, es mit allen Sinnen zu erfassen und zu verstehen. Doch wie will man etwas sinnvoll verändern wenn man es noch nicht mal genau sieht? Wie will man die richtigen Massnahmen treffen wenn man die Ausgangslage nicht kennt? Wie will man sehen ob eine Veränderung passiert, wenn man nicht weiss wo man genau startet?


Das genaue Hinschauen kann sich schmerzhaft anfühlen, es können Gefühle hochkommen wie Scham, Trauer, Wut, Machtlosigkeit.... Von daher ist es verständlich, dass wir versuchen, das zu vermeiden und direkt in Aktion zu gehen. Manchmal haben wir das Gefühl, dass wenn wir nicht hinschauen und in eine ablehnende Haltung gehen, dass dann die Probleme nicht da sind, oder sie dadurch kleiner werden. Das ist jedoch nicht der Fall, meistens passiert das Gegenteil. Das genaue Hinschauen vergrössert die Probleme nicht, es löst aber Emotionen und Gefühle aus. Damit wird das Problem sichtbarer und fühlbarer ja, es zeigt uns das Ausmass auf, aber es wird nicht tatsächlich grösser, was sich verändert ist unsere Perspektive, nicht das Problem. Das ist ein sehr grosser und wichtiger Unterschied!


Akzeptanz braucht die Bereitschaft fühlen zu wollen, die Bereitschaft zur Konfrontation der Realität. Für viele Menschen ist es schon extrem schwierig ihre Körperhaltung neutral beobachten zu können. Mit der Zeit wird das Vertrauen und das innere Wissen wachsen, dass etwas genauer zu sehen nicht bedeutet, dass das Problem damit mitwächst. Es wird sich weniger erschreckend anfühlen und es bietet die Ausgangslage um tatsächliche Veränderung zu bewirken.


Wir können Neugier entwickeln und dem was ist mit Offenheit begegnen. Neugier ist so wichtig und hilfreich in vielen Prozessen. Wir können uns auf eine Entdeckungsreise machen, Erfahrungen sammeln und lernen. Und das ist die beste Ausgangslage für Veränderung. So wird der Weg der Veränderung spannend und lehrreich.


Vielleicht kannst du in dich hineinfühlen, wie fühlt sich Neugier in deinem Körper an? Und wie fühlt sich ein Verurteilen an? Kannst du beobachten ohne zu urteilen? Kannst du sehen, dass man ein Problem auf beide Weisen angehen kann, die Ausgangslage, der Weg und das Ziel grundsätzlich verschieden sind?


Neugier hat eine wundervolle Qualität und sie hilft dabei neues zu entdecken, zu lernen und sie hält das Leben interessant. Es gibt aber auch die andere Seite von Neugier, der Tratsch, das Geläster, seine Nase in Angewohnheiten zu stecken die einem nichts angehen. Diese Art der Neugier hat eine ganz andere Qualität und es ist sehr wichtig da einen Unterschied zu machen und nicht gleich beides zu verdammen.


Akzeptanz und Neugier ergänzen sich und schaffen eine kreative Basis, die konstruktive Veränderung entstehen lässt.


“It is not the degree of ‘willing’ or ‘trying’, but the way in which the energy is directed, that is going to make the ‘willing’ or ‘trying’ effective.”

F.M. Alexander

"Wenn die Neugier sich auf ernsthafte Dinge richtet, dann nennt man sie Wissensdrang.“

Marie von Ebner-Eschenbach