Non-Doing


«Wenn du aufhörst das Falsche zu tun, geschieht das Richtige von ganz alleine»

FM Alexander

Das ist meiner Meinung nach eines der wichtigsten Zitate der Alexandertechnik. Das Verständnis dafür was es bedeutet, wächst und verändert sich im Laufe der Zeit. Ich möchte dir hier ein relativ einfach auszuprobierendes Beispiel geben. Nimm dir einen Moment Zeit um deine Atmung zu beobachten. Wir wissen, dass wir grundsätzlich automatisch atmen und wir atmen ohne dass wir etwas dafür tun müssen. Das autonome Nervensystem sorgt dafür dass wir atmen. Trotzdem ist es uns möglich die Atmung bewusst zu verändern, es passiert aber auch dass wir die Atmung unbewusst in ihrem natürlichen Rhythmus stören. Probiere es mal aus, atme aus, lass die Lunge leer werden und tue nichts. Der Körper wird automatisch einatmen! Was häufig passiert ist, dass wir aktiv einatmen und gar nicht auf den Impuls des Körpers warten. Das heisst dass wir uns ständig unnötig in die Atmung einmischen und den natürlichen Ablauf stören und auch einen unnötigen Aufwand betreiben, der auch noch zu einem schlechteren Resultat führt. Ist es uns möglich, das einatmen geschehen zu lassen sind wir im Non-Doing. Der Körper tut was und wir mischen uns nicht ein. Der Körper weiss genau was er zu tun hat und er wird das auch sehr zuverlässig machen. Natürlich sind wir auch unseren Körper und somit machen wir es immer noch, aber der Impuls kommt aus der natürlichen, intuitiven Intelligenz des Körpers.


In unserer Gesellschaft ist das Bewusstsein für diese natürliche Intelligenz des Körpers nur sehr latent vorhanden. Das bedeutet dass wir uns öfters einmischen als uns bewusst ist, und wir wissen noch nicht mal dass wir es tun. Ein weit verbreitetes Muster ist das "Schultern zurück". Solche Dinge prägen sich in unserem Bewusstsein ein, wenn man es oft genug gehört hat und zurückbleibt ein kontinuierliches festhalten der Schultern, das irgendwann unbewusst wird. Im Laufe unseres Lebens nehmen wir ganz viele solche Ideen auf, welche sich dann in unserem Körper einnisten. Es sind Ideen darüber wer wir sein sollen oder wollen, Schutzmechanismen, Ideen von richtig und falsch.


  • Sich klein machen und unschuldig aussehen
  • Sich gross machen um stark zu wirken
  • Stolz sein und sich aufplüstern
  • Sich schützen und hart werden
  • Im Stress sein um beschäftigt zu wirken
  • uvm.


Es gibt unzählige Identitäten die wir annehmen können, alle machen etwas mit unserem Körper und der Körperhaltung und der Art wie wir uns bewegen. Meistens sind wir uns dessen nicht wirklich bewusst, es ist deutlich einfacher diese Dinge bei unseren Mitmenschen zu erkennen.


Wer sind wir, wenn wir all dies loslassen? Was liegt darunter? Welche Stärken und Schwächen sind darunter versteckt?


Das ist eine Entdeckungsreise die wir mit der Alexandertechnik unternehmen und die uns hilft uns selber besser kennen zu lernen. Sie konfrontiert uns aber auch mit uns selbst, was nicht immer ganz einfach ist.


Genauso wie mit der Atmung kann sich der Körper auf natürliche Weise bewegen. Müssten wir unsere Bewegungen bewusst ansteuern, wir würden nirgendwo hinkommen. Der Mensch hat etwas 206 Knochen und über 650 Muskeln. Bewegung mit unserer Willenskraft steuern zu wollen ist überwältigend. Wir können Bewegungen bewusst ausführen, trotzdem ist darin immernoch eine riesige Anzahl von unbewusst stattfindenden Prozessen vorhanden. Wenn wir unseren Arm heben, muss der ganze Körper darauf reagieren um die Balance zu halten. Mit wie viel Anstrengung heben wir unseren Arm? Wieviel unnötige Muster aktivieren wir? Wenn wir beobachten wie verschiedene Menschen eine Bewegung ausführen dann können wir erkennen, wie unterschiedlich diese Muster sind. Das zu erkennen braucht jedoch eine gewisse Schulung des Auges. Wie sitzt jemand auf den Stuhl ab oder aus dem Stuhl auf? Wie läuft oder steht jemand? Das zu beobachten kann sehr spannend sein! Und je mehr man anfängt zu beobachten, desto mehr Unterschiede wird man sehen. Kannst du beobachten ohne zu verurteilen? Kannst du mit Neugier und Offenheit beobachten?


Zu jeder Körperhaltung gehört auch eine Geschichte und zu einem Zeitpunkt im Leben war es notwendig diese Strategie zu entwickeln.


Wenn es uns möglich wird, diese Strategien immer mehr und mehr loszulassen, dann kann die innere Kraft des Körpers die Bewegung wieder mehr und mehr ansteuern. Die natürlichen Bewegungen sind leicht, fliessend, harmonisch. Am besten lässt sich dies erkennen wenn man Kinder beobachtet. Oftmals wird es für Normal gehalten, dass man immer steifer wird, dass man immer öfter Schmerzen hat, dass man sich eingerostet fühlt. Doch das ist nicht normal und das muss auch nicht so sein. Wir können sehr beweglich, geschmeidig und aufrecht alt werden.

Maika, 28 Jahre